http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22408/1.htmlWenn die Vogelgrippe kommt …
Gerhard Piper 07.04.2006
Der Berliner Pandemieplan zur Bekämpfung einer Influenza-Pandemie mit dem H5N1-Virus
Als am 8. Februar 2006 auf der Insel Rügen die ersten Vögel aufgefunden wurden, die am Vogelgrippevirus H5N1 verstorben waren, hieß es: "Keine Panik, es sind nur Wildvögel; Nutztiere sind nicht betroffen!" Nachdem am 4. April 2006 in einer Geflügelfarm im sächsischen Wermsdorf zwanzig Puten und Gänse am Vogelgrippevirus H5N1 der Rügen-Variante [extern] verendet waren, heißt es jetzt: "Keine Panik, es sind nur Nutzvögel; Menschen sind nicht betroffen!" Aber 14.000 Tiere mussten gekeult werden. Nur einen Tag später stellte die Berliner Gesundheitssenatorin Dr. Heidi Knake-Werner (PDS/Die Linke) auf einer Pressekonferenz ihren "Rahmenplan Influenza-Pandemie des Landes Berlin" für den Fall vor, dass in der Bundeshauptstadt der erste Mensch an H5N1 erkrankt. Hier die gute Nachricht: Kein Berliner soll gekeult werden!
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Aussonderung
Im Pandemiefall erlaubt das Infektionsschutzgesetz (13) vom 20. Juli 2000 gegen infizierte oder krankheitsverdächtige Personen verschiedene Notstandsmaßnahmen, die den Bürger entmündigen und seine Grundrechtsgarantien gemäß Grundgesetz bzw. der Verfassung von Berlin aushöhlen.
In § 32 "Erlass von Rechtsverordnungen" heißt es:
Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs 2 Satz 2 Grundgesetz), der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz) können insoweit eingeschränkt werden.
Gemäß § 26 sind Zwangseingriffe in die körperliche Unversehrtheit durchaus erlaubt:
(2) Die in § 25 Abs. 1 genannten Personen (Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider, G. P.) können durch das Gesundheitsamt vorgeladen werden. Sie können durch das Gesundheitsamt verpflichtet werden, Untersuchungen und Entnahmen von Untersuchungsmaterial an sich vornehmen zu lassen, insbesondere die erforderlichen äußerlichen Untersuchungen, Röntgenuntersuchungen, Tuberkulintestungen, Blutentnahmen und Abstriche von Haut und Schleimhäuten durch die Beauftragten des Gesundheitsamtes zu dulden sowie das erforderliche Untersuchungsmaterial auf Verlangen bereitzustellen.
Nicht zuletzt kann gemäß § 30 eine Zwangsinhaftierung – auch von Bundestagsabgeordneten - in einer Absonderungseinrichtung angeordnet werden:
(1) (...) Bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern kann angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, befolgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umgebung gefährden.
(2) Kommt der Betroffene den seine Absonderung betreffenden Anordnungen nicht nach oder ist nach seinem bisherigen Verhalten anzunehmen, dass er solchen Anordnungen nicht ausreichend Folge leisten wird, so ist er zwangsweise durch Unterbringung in einem abgeschlossenen Krankenhaus oder einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses abzusondern. (...)
(3) Der Abgesonderte hat die Anordnungen des Krankenhauses oder der sonstigen Absonderungseinrichtung zu befolgen und die Maßnahmen zu dulden, die der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Einrichtung oder der Sicherung des Unterbringungszwecks dienen. Insbesondere dürfen ihm Gegenstände, die unmittelbar oder mittelbar einem Entweichen dienen können, abgenommen und bis zu seiner Entlassung anderweitig verwahrt werden. Für ihn eingehende oder von ihm ausgehende Pakete und schriftliche Mitteilungen können in seinem Beisein geöffnet und zurückgehalten werden, soweit dies zur Sicherung des Unterbringungszwecks erforderlich ist. (...) Postsendungen von Gerichten, Behörden, gesetzlichen Vertretern, Rechtsanwälten, Notaren oder Seelsorgern (...) dürfen nur geöffnet oder zurückgehalten werden, soweit dies zum Zwecke der Entseuchung notwendig ist.
Gemäß dem Berliner Pandemieplan werden in fünf ausgewählten Absonderungseinrichtungen 1.500 Plätze bereitgestellt, um Kontaktpersonen, die selbst noch nicht erkrankt sind, in Quarantäne zu nehmen. Zwar wollte die Gesundheitssenatorin die betreffenden Lokalitäten im Nordosten Berlins "aus Sicherheitsgründen" nicht nennen.
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